Anhand eines einfachen Modellbeispiels zeige ich, wie ein Staat Ausgaben tätigen kann, ohne Steuern zu erheben und was passiert, wenn dieser Modellstaat versucht, seinen Haushalt über Steuern zu finanzieren.

Dazu eine grundlegende Betrachtung aus „Mathematik von A bis Z“, S.142ff von Mathematik-Professor William Dunham:

…Ein paar Beispiele sind nicht genug …()… Es gibt in der Logik ein unanfechtbares Grundgesetz:

Um eine allgemeingültige Gesetzmäßigkeit zu beweisen, bedarf es eines allgemeingültigen Arguments. Um sie zu widerlegen bedarf es nur eines einzigen Spezialfalles, in dem die Aussage nicht zutrifft. Solch einen Spezialfall nennt man Gegenbeispiel.

Analog gilt in der Naturwissenschaft, dass eine Theorie (oder Aussage, Hypothese etc.) widerlegt ist, wenn man einen einzigen Spezialfall – eben das Gegenbeispiel – findet, in dem die Theorie nicht zutrifft. In diesem Fall muss man entweder die alte Theorie verwerfen, eine neue Theorie entwickeln oder die alte „erweitern“, damit sie den Spezialfall integriert.

Die deutsche Wirtschaft hat nach der Währungsreform 1948 mit der neuen DM einige Jahre recht gut funktioniert, man nannte es das Wirtschaftswunder. Etwa ab 1975 ergab sich das Problem der Arbeitslosigkeit und heute (2022) hat die Staatsverschuldung ein Ausmaß erreicht bei dem ein Privatunternehmen längst Insolvenz hätte anmelden müssen. Das Geld fehlt an allen Ecken und Enden und das nicht nur in Deutschland sondern weltweit.

Bei der Suche nach der Ursache der Misere fallen einem Argumente ein wie:

• Der Staat gibt Geld für Dinge aus, die nicht sein müssten.
• Spitzengehälter und Boni der Bankmanager,
• Fehlspekulation der Banken,
• Steuerhinterziehung,
• Geldtransfer ins Ausland schaffen

Das alles scheint logisch. Man könnte meinen, dass alles in bester Ordnung wäre, wenn all diese Punkte beseitigt wären. Sind das wirklich die Gründe der Misere? Wenn ein Phänomen vielfach auftritt, ist anzunehmen, dass es eine gemeinsame Ursache gibt. Ich wollte es genau wissen und habe dazu Modellbeispiele entwickelt.

Ein Modell sollte immer so klein wie möglich und nur so groß wie nötig aber realistisch sein. Um etwaige Systemfehler zu finden, sollte das Modell eine nach herkömmlichem Verständnis problematische Situation darstellen.

Königsmodell:

Königsmodell

Angenommen, ein König lebt mit zwei Untertanen auf einer Insel, die ausreichende Lebensbedingungen bietet.

Eine Person ist arbeitsfähig und heißt Agil. Eine andere Person heißt Seno, ist alt und kann sich nicht selbst versorgen.

Der König möchte, dass Agil Seno mit Lebensmitteln, z.B. Kokosnüssen, versorgt. Er sagt zu Agil: „Immer wenn Du Seno eine Kokosnuss gibst, sage es mir. Ich werde das in ein Buch eintragen und dafür sorgen, dass Du später mal, wenn Du alt bist und selbst keine Kokosnüsse mehr pflücken kannst, von einem anderen Kokosnusspflücker weiterhin Kokosnüsse bekommst.“ Das findet Agil gut.

Also gibt Agil die erste Kokosnuss an Seno und sagt es dem König. Der König vergewissert sich, ob Seno auch eine Kokosnuss erhalten hat, was Seno auch bestätigt. Daraufhin trägt der König in sein Buch (Konto von Agil) „eine Kokosnuss“ als Guthaben ein.

Am zweiten Tag braucht Seno wieder eine Kokosnuss, die er von Agil auch bekommt, was vom König wiederum mit einer entsprechenden Eintragung honoriert wird. Im Laufe der Zeit entsteht ein erhebliches Guthaben an Kokosnüssen zugunsten von Agil. Doch nützt ihm dieses Guthaben noch nichts, da er so viele Kokosnüsse – falls überhaupt verfügbar – jetzt nicht braucht.

Sobald Agil sich nicht mehr selbst versorgen kann, womöglich erst nach Jahrzehnten, könnte er sein Guthaben in Anspruch nehmen. Das setzt allerdings voraus, dass es dann andere Kokosnusspflücker gibt und auch dann genügend Kokosnüsse nachwachsen.

Diese Methode wäre zwar gerecht, erfordert allerdings für jede Kokosnuss die Empfangsbestätigung Senos (sonst könnte Agil mogeln). Um das auszuschließen lässt sich der König etwas einfallen:

Er nimmt ein Stück Papier und schreibt darauf „eine Kokosnuss“. Diesen Zettel gibt er Seno, der dafür von Agil eine Kokosnuss bekommt. Agil erhält, wenn er den Zettel dem König übergibt, eine Gutschrift. Beim gleichen Erfolg bedarf es also keiner Rückfrage beim Empfänger der Kokosnuss.

Da der Zettel mehrfach zu gebrauchen ist, wird ihn der König wiederholt an Seno geben, bis er verschlissen ist und durch einen neuen ersetzt werden muss. Diese regelmäßigen „Zahlungen“ repräsentieren z.B. eine Sozialhilfe oder auch Rente und sind „Staatsausgaben“.

Der Zettel „läuft um“, kann also mit Fug und Recht als „Umlaufmittel“, also Geld bezeichnet werden. So kann ein Staat mit einer begrenzten Geldmenge dauernd wirtschaften.

Auf die gleiche Weise könnten auch andere (öffentliche) Aufgaben finanziert werden.

Die Versorgung des Königs selbst habe ich zunächst weggelassen. Das wäre möglich, indem er einen zweiten Zettel ausstellt, diesen (als Kunde) an Agil gibt und dafür auch eine Kokosnuss erhält. Dann gibt Agil auch diesen Zettel an den König (diesmal als Buchungsstelle, „Königliche Bank“) zurück, um sich den Betrag (eine Kokosnuss) ebenfalls gutschreiben zu lassen. Auf diese Weise ist der König in das System wirtschaftlich eingebunden, ohne dass er von irgend jemandem Abgaben (Steuern) erheben muss. Er verschenkt sogar regelmäßig Geld an Seno. Die Grenze bildet natürlich immer die Leistungsfähigkeit der Wirtschaft, in diesem Falle eine ausreichende Menge nachwachsender Kokosnüsse und genügend leistungsfähige Pflücker.

Hätte der König an einer Universität Volkswirtschaft studiert, so hätte er es vermutlich anders gemacht. Er hätte von den Geldeinnahmen Agils immer einen Teil als Steuern verlangt. Das liefe dann möglicherweise so:

Wenn Agil 2 Zettel eingenommen hat, müsste er einen davon an den König abgeben (Einkommensteuersatz = 50%). Da der Zettel nicht teilbar ist, müsste ihn der König durch 2 Zettel mit der Aufschrift „½ Kokosnuss“ ersetzen. Einen davon bekäme Seno als Sozialhilfe, den anderen behielt der König für sich selbst. Der König und Seno könnten sich jetzt jeder nur eine halbe Kokosnuss bei Agil kaufen. Damit hätte Agil zwar wieder 2 Zettel bekommen aber im Wert von nur 1 Kokosnuss. Von diesen Einkünften müsste er wieder 50% Steuern zahlen, das wäre jetzt nur noch ½ Kokosnuss (Geld).

Nun müsste der König diesen einen Zettel abermals durch zwei andere mit je ¼ Kokosnuss ersetzen, um sie wieder zwischen Seno und sich selbst gerecht aufteilen zu können. Die Sozialhilfe für Seno müsste erneut gekürzt werden und auch der König müsste sich weiter einschränken. Nun kann sich jeder nur noch ¼ Kokosnuss pro Tag leisten… Man sieht: Das System läuft sich tot, kollabiert.

Auswege aus diesem Dilemma wären nach heutigem Verständnis (ohne das Prinzip zu verändern):

• Täglich neue Zettel ausstellen (rasante Geldmengenvermehrung, Inflation, bei konstantem Angebot) und/oder
• Abgaben ständig erhöhen (Demotivation der Wirtschaft, Schwarzarbeit…) und/oder
• Sozialleistungen für Seno und das Königsgehalt (Staatsausgaben) ständig kürzen und/oder
• Der König (Staat) müsste sich die bei Agil verbliebenen Zettel immer wieder leihen (Kreditaufnahme, ausufernde Staatsverschuldung)

All diese Punkte sind in einem steuerfinanzierten System in unterschiedlichem Maße an der Tagesordnung. Es ist also mehr als wahrscheinlich (grenzt an Beweis), dass die globalen Probleme auf diesen, eigentlich sehr einfach zu erkennenden Fehler zurückzuführen sind. Dazu gehört sicher auch der besorgniserregende Einfluss mächtiger Großkonzerne und „Finanz-Eliten“ auf staatliches Handeln (insb. Gesetzgebung und Rechtsprechung).

Das zuerst beschriebene Konzept (ohne Steuern) ist in dem 1997 gegründeten System Goldring realisiert. Die Währung ist nicht Kokosnüsse sondern Gold. Jeder Teilnehmer erhält zusätzlich ein bedingungsloses Grundeinkommen (Bürgergeld). Das Bürgergeld ermöglicht dauernd leistungsunfähigen Personen die Teilhabe. Der Goldring ist damit, im Gegensatz zu Tauschringen, ein soziales System.

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