Kreislauf des Geldes!?

EXPERTEN

Bruno Jonas in „Scheibenwischer“ 2.10.2003:
„Was blöderes als Wirtschaftsexperten findet man in keinem Tierpark!“

Volker Pispers 2013 in „Angela Merkel als Schilfrohr in der Brandung“:
„Ich sag mir immer – Wirtschaftsexperten – etwas Blöderes finden Sie in keinem Tierpark.“

Experten leiten ihre Urteilsberechtigung zum einen von ihrer Ausbildung, zum anderen von ihrer Erfahrung her. Aufgezogen mit den geistigen Konserven unserer Fach- und Hochschulen, sind sie eben – konservativ. Auch die sogenannte langjährige Erfahrung entpuppt sich aus der Vogelperspektive der Geschichte meist als beharrliches Im-Kreis-Gehen.

Edison (1847-1931) wurde als „geistig zurückgeblieben“ von er Schule gewiesen. (Wieso eigentlich nicht sein Lehrer?)

Die Berner Universität hat sich 1907 für alle Zeiten ein Denkmal in der Wissenschaftsgeschichte gesetzt, indem sie die Habilitationsschrift eines jungen Physikers als „unverständliches Zeug“ zurückwies. Der junge Mann hieß Albert Einstein (1879-1955), und das unverständliche Zeug war die Relativitätstheorie.

Der berühmteste Architekt des zwanzigsten Jahrhunderts, Le Corbusier (1887-1965), besaß kein Architekten-Diplom; er war Ziffernblattmaler.

Sein – in der Fachwelt – ebenso berühmter Kollege und Zeitgenosse Rietveld (1888-1964) war Tischler.

Der Geburtshelfer Ignaz Semmelweis (1818 -1865) erkannte um die Mitte des letzten Jahrhunderts in der Kontaktinfektion die Ursache des Kindbettfiebers. Er empfahl den Ärzten, die Hände zu waschen, bevor sie die
werdenden Mütter untersuchten. Er wurde ausgelacht. Semmelweis war längst tot, bis sich die Experten endlich herbeiließen, die Idee von Semmelweis zu prüfen.

Ignoranz hat in der Medizin (und der VWL und Physik?) eine besonders ausgeprägte Tradition. Ob es sich heute anders verhält?

Ein fataler Irrtum liegt in der Annahme, es bestünde ein Zusammenhang zwischen Schulbildung und Intelligenz. Die Kenntnis unseres alphanumerischen Zeichensystems hat mit Intelligenz nichts zu tun. Schopenhauer (1788 – 1860) hat gar einen negativen Zusammenhang postuliert, indem er von den Philosophieprofessoren seiner Zeit sagte, sie hätten sich dumm gelesen.

Auf eine Idee (sei es nun ein Produkt oder eine Dienstleistung in der sie in Erscheinung tritt) reagiert der Experte in fünf einander folgenden Stufen:

Stufe 1: Totschweigen
Die neue Lösung wird von den Experten ignoriert in der Hoffnung, daß sie verschwinde. Besonders peinlich ist es verständlicherweise, wenn die Idee nicht aus dem Expertenkreis, sondern von Außenseitern stammt, im schlimmsten Fall von Laien.

Stufe 2: Abwerten
Verschwindet die Idee nicht, wird sie bagatellisiert, lächerlich gemacht oder als unethisch hingestellt: „Denen geht es nur ums Geld“, heißt es etwa, oder: „Das ist wieder so eine Mode, das geht vorbei“, oder: „Das haben wir schon vor dreißig Jahren probiert und es funktionierte schon damals nicht.“

Stufe 3: Verleumden
Wenn das Ärgernis auf diesem bisher „friedlichen“ Wege wider alle Hoffnung doch nicht verschwunden ist, wird eine härtere Gangart eingeschlagen. Der Urheber oder lokale Exponent wird persönlich desavouriert: seine Vergangenheit, seine Ausbildung, seine Moral, alles Dinge, die kaum etwas mit der Idee oder dem Produkt zu tun haben. Die Idee oder das Produkt direkt anzugreifen, traut sich der Experte nicht, weil er fürchten muß, sich zu blamieren, da die Sache offensichtlich funktioniert. So macht er es dann wie die schlechte Presse und hält sich an Sekundärquellen: an Informationen, aus dem Zusammenhang gerissene Texte und an Aussagen anderer Experten.
(Geld- und wirtschaftspolitisch müssen wir etwa hier stehen im Jahr 2003)

Stufe 4: Stehlen
Gute Ideen haben die be(un-)ruhigende Eigenschaft, daß sie sich von selbst, eben durch sogenannte Mundpropaganda, verbreiten. Diese Widerstandskraft gegenüber Anfechtungen zwingt den Experten schließlich zum Äußersten: er muß arbeiten. Wenn er nicht endlich „etwas bringt“, verliert er sein Gesicht. Denn er ist ja der Experte. Also kopiert er die Idee kurzerhand.

Stufe 5: Lügen
Nachdem der Experte sein Plagiat unter die Leute gebracht hat, ist er vollauf damit beschäftigt, aller Welt zu verkünden, er selbst sei schon immer ein Förderer der Idee gewesen, ja ihr eigentlicher Urheber.

Wenn Sie, liebe LeserInnen, ein kreativer Mensch sind, wird Ihnen früher oder später ähnliches widerfahren. Verzagen Sie nicht, sondern freuen Sie sich. Sie befinden sich auf dem besten Weg und – historisch betrachtet- in bester Gesellschaft.

(aus: Werner Kieser, Die Seele der Muskeln)

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